Schweiz 2019

Eine Bahnreise, St. Moritz & Centovalli

1. Tag (02. Oktober 2019)

Auf dieser Reise bin ich mal ganz anders unterwegs als sonst. Ich fahre mit dem Auto und bin auch nicht mit dem Rucksack unterwegs, sondern mit einem Koffer. Es geht nämlich in die Schweiz. Gleich nach der Arbeit mache ich mich auf den Weg und stehe prompt als erstes im Stau. Kurz vor dem Feiertag haben natürlich viele andere auch die Idee, mit dem Auto schnell mal wohin zufahren. So quäle ich mich durch den Verkehr, um in die Nähe von Bregenz zu kommen, weil ich dort in einem Gasthaus die Nacht verbringen werde. Ich will/muss morgen früh bereits um 8:00Uhr in Chur sein, weil ich für zwei Tage mit dem Zug unterwegs sein werde.

Ich komme spät am Abend an und gehe gleich aufs Zimmer, um morgen fit zu sein. Das Wetter ist recht regnerisch, aber für morgen ist Sonne angekündigt und ich bin schon ziemlich gespannt.

2. Tag (03. Oktober 2019)

Es geht wieder einmal früh raus aus den Federn, und kaum bin ich aufgebrochen schon packe ich mein Gepäck um. Weil ich für zwei Tage mit dem Zug unterwegs sein werde lasse ich den Koffer im Auto zurück und packe mir Wechselkleidung mit in den Fotorucksack.

Nach einem kurzen Frühstück fahre ich nach Chur, wo der Bernina-Express startet, mit dem ich heute die Alpen überqueren will. Die Fahrt verläuft trotz Berufsverkehr glücklicherweise ohne größere Staus und so bin ich nach rund einer Stunde fahrt in Chur, stelle das Auto im Parkhaus ab, nehme den Rucksack aus dem Kofferraum, gehe zum Bahnhof rüber und habe noch ausreichend Zeit bis zur Abfahrt des Zugs um mich ein wenig umzuschauen.

Der Zug fährt ein und die zahlreichen Leute auf dem Bahnsteig drängen zu den Waggons. An meinem Waggon steht eine größere, zusammengehörende Gruppe von Leuten mit den größten und zahlenmäßig meisten Koffern und Taschen, so dass das Gepäckfach überfüllt ist und sich die Gepäckstücke dort bis unter die Decke stapeln. Zudem ist gegenüber noch ein ganzer Block mit 4 Sitzen ebenfalls mit Gepäck vollgestellt. Ich frage mich, wie man so viel Gepäck mit sich rumschleppen kann. Es dauert dann eine ganze Weile bis sich alle organisiert haben, aber als der Zug sich schließlich in Bewegung setzt hat jeder seinen Platz gefunden.

Die Bernina-Bahn gehört zum Weltkulturerbe der UNECO und der Bernina-Express mit seinen Panoramafenstern wird deshalb fast ausschließlich von Touristen genutzt, so dass eine frühzeitige Reservierung notwendig ist. Die Strecke führt zuerst kurz am Rhein entlang bevor sie ins Albulatal abzweigt. Sie wurde vor rund hundert Jahren gebaut und ist wegen ihrer zahlreichen aus Stein gemauerten Brücken, darunter das berühmte Landwasserviadukt, wie auch für die häufigen Kehrtunnel bekannt, durch welche die Bahn im Gelände auf kurzer Strecke viele Höhenmeter gewinnen kann.

Das Wetter klart auf, die Wolken verziehen sich und die Sonne scheint, als das Tal immer schmäler wird und die Strecke zu steigen beginnt. Heute Nacht muss es geschneit haben, denn die Gipfel der Berge sind mit frischem Schnee bedeckt, was zusammen mit den grünen Wäldern in tieferen Lagen bei herrlichem Sonnenschein fantastisch aussieht. Ich schaue die ganze Zeit aus dem Fenster. Die Strecke führt über zahlreiche der schön gemauerten Brücken, die man bei engen Kurvenradien aus dem Fenster sehen kann. Dann wird auch schon das Landwasserviadukt über die Lautsprecheranlage angekündigt und der Zug verringert kurzzeitig seine Geschwindigkeit, damit niemand etwas verpasst. Kaum haben wir die Brücke überquert verschwindet der Zug auch direkt in dem angrenzenden Tunnel.

Wir fahren weiter, sehen schöne Bergdörfer entlang der Strecke und durchqueren den Albulatunnel am Scheitel der Albula-Strecke. Dadurch erreicht man das Oberengadin, das Hochtal des Inns, in dem auch St. Moritz liegt. Damit endet auch die Albula-Strecke, und der Zug befährt von nun an die Bernina-Strecke nach Tirano hinunter.

Ich verlasse meinen Platz und finde an einer Wagentür ein kleines Fenster, welches man öffnen kann. Zum Fotografieren natürlich das Beste was passieren kann, weil es keine Spiegelungen in der Scheibe gibt. So stehe ich den Rest der Fahrt an diesem Fenster, genieße den Ausblick und mache viele Bilder.

Aus dem Engadin fährt der Zug den Berninapass hinauf und passiert den Bahnhof Pontresina. Dann erleben wir ein besonderes Highlight der Strecken, nämlich den Ausblick auf den Morteratschgletscher und den Piz Bernina, dessen Schnee und Eis sich gegenüber dem stahlblauen Himmel abhebt und einen traumhaften Kontrast bildet. Wenig später erreichen wir den Largo Bianco, der die europäische Wasserscheide markiert und kurz darauf die Passhöhe bei Ospizio Bernina, dem höchsten Punkt der Fahrt mit über 2.200m.

Dann geht es gleich wieder steil hinunter, und der Zug hält in Alp Grüm, mit der Gelegenheit für einige Minuten auszusteigen, die Beine zu vertreten und den Blick auf das herrliche Alpental zu werfen. Gleich nach dem Verlassen des Bahnhofs durchfährt der Zug die sogenannte Himmelskurve, die einen sehr engen Radius besitzt und direkt am Abhang verläuft. Danach windet sich die Bahn in steilem Gefälle und mehreren Kehren ins Tal hinunter und erreicht bei Brusio einen weiteren Höhepunkt, nämlich das einmalige Kreisviadukt, durch welches der Zug weitere Höhe abbaut. In Tirano fährt dann der Bernina-Express fast als Straßenbahn durch den Ort in den Endbahnhof der Strecke ein, und ich kann es kaum glauben, dass die Fahrt jetzt schon zu Ende ist. Es ging irgendwie alles viel zu schnell.

Es ist wieder merklich wärmer als ich den Zug verlasse und ein einmaliges Erlebnis zu Ende geht. Am liebsten würde ich gleich wieder zurückfahren. Ich genieße das mediterrane Klima und setze mich bei strahlendem Sonnenschein auf die Terrasse einer Pizzeria und esse erst einmal etwas, denn ich habe genügend Aufenthaltszeit, um danach noch etwas durch das Städtchen zu schlendern.

Dann besteige ich das Postauto, welches hier von der Rhätischen Bahn als Intercity nach Lugano betrieben wird. Neben mir sitzt Lauren aus Australien, die in zwei Monaten halb Europa bereist. Wir kommen nett ins Gespräch, während wir die an uns vorbeiziehende Landschaft genießen. Es geht zuerst durch das Adda Tal im Veltlin zum Comer See, an dessen Ufer entlang und dann hinüber an den Luganer See. Damit sind wir wieder in der Schweiz zurück und werden schließlich am Bahnhof von Lugano abgesetzt.

Ich gehe zu meinem bereits im Vorfeld gebuchten Hotel in der Altstadt, lege schnell meine Sachen ab und mache mich dann auf den Weg, um die Uferpromenade zu erkunden. Die Sonne scheint noch herrlich, und so setze ich mich auch für eine ganze Weile auf eine Bank und schaue einfach nur auf den See hinaus.

Lugano besticht durch sein mediterranes Flair, die zahlreichen alten und prunkvollen Gebäude, seinem schönen Park direkt am See und die vielen Luxusläden. Ich schlendere noch ein wenig umher und gehe wieder ins Hotel zurück als es bereits dunkel wird.

3. Tag (04. Oktober 2019)

Nach dem Frühstück mache ich mich wieder auf den Weg zum Bahnhof. Der Himmel ist wolkenlos, und die aufgehende Sonne taucht die Stadt in ein schönes gedämpftes Licht. Ich bin faul heute Morgen und nehme für das kurze Stück von der Altstadt zum Bahnhof hinauf die Standseilbahn, um mir das Schwitzen zu ersparen. Ich bin rechtzeitig dran und habe noch Zeit auf dem Bahnhof, der erst neu renoviert wurde und mir gut gefällt. Hoch über der Stadt gelegen bietet er einen tollen Blick auf den See und die Berge. Die ankommenden Züge spucken zahllose Menschen aus, die zur Arbeit gehen. So warte ich auf meinen Regionalzug nach Göschenen, der natürlich pünktlich einfährt. Da sehr viele hier aussteigen, finde ich schnell einen Sitzplatz und kann die Fahrt den Gotthard hinauf genießen. Nach Bellinzona bin ich fast alleine im Zug und kann somit rechts wie links aus dem Fenster schauen, je nachdem auf welcher Seite des Tals sich die Strecke gerade befindet.

Die Südrampe des Gotthards ist ebenfalls sehr sehenswert, und man kann zwischendurch deutlich sehen wie die Autobahn regelrecht in das doch teilweise recht enge Tal hineingequetscht wurde. Die Bahnstrecke dagegen fällt fast gar nicht auf.

Dann wird es für eine Zeitlang dunkel, und als der Zug den Gotthard-Tunnel wieder verlässt sind wir auch bereits in Göschenen. Das Wetter ist bewölkt und frisch, kein Vergleich zum Süden. Ich steige aus, gehe kurz zur Schöllenen-Bahn hinüber und steige ein, um in rund 12min durch die Teufelsschlucht nach Andermatt hinaufzufahren. Obwohl es nur eine kurze Strecke durch die Schöllenenschlucht ist, ist die Zahnradbahn recht spektakulär und man erhält aus der Bahn den besten Blick auf die Teufelsbrücke, dem in der Vergangenheit größten und gefährlichsten Nadelöhr auf der Gotthard-Route.

In Andermatt empfängt mich kalter Wind als ich die Türe aufmache. Ich habe fast eine Stunde Aufenthalt und gehe entspannt einen Kaffee trinken, um mich im Warmen aufhalten zu können.

Dann wird es auch wieder Zeit. Der Glacier-Express steht schon am Gleis und ich steige schnell ein, finde gleich meinen Platz und mache es mir bequem. Der Zug ist nicht ganz so ausgebucht wie der Bernina-Express und somit geht es entspannt zu. Da es Mittagszeit ist werde ich gleich gefragt, ob ich noch speisen möchte, was ich aber verneine, da ich sowieso wohl zu beschäftigt sein werde aus dem Fenster zu schauen.

Gleich nach Andermatt fährt der Zug im Zahnradbetrieb den Oberalppass hinauf und man erhält einen schönen Blick zurück auf Andermatt. Der Zug erreicht recht flott die Passhöhe und überschreitet dabei eine weitere Europäische Wasserscheide. Auf den umliegenden Gipfeln liegt Schnee aus den vergangenen Nächten, und der Himmel zeigt sich eher von seiner grauen Seite.

Von nun an verläuft die Strecke sehr steil dem Rheintal folgend hinunter nach Disentis. Hier gibt es einen Loktausch, da die Matterhorn-Gotthard-Bahn endet und die Wagen von der Rhätischen Bahn übernommen werden. So gibt es noch kurz Gelegenheit auszusteigen und Bilder zu machen. Anschließend geht es weiter in Richtung Chur. Das Tal weitet sich wieder, und es ist auch deutlich zu erkennen, dass wir uns wieder in tieferen Lagen befinden. Vor Chur durchfährt der Zug noch die Rheinschlucht mit ihren hohen Sandsteinwänden auf der einen Seite und dem reißenden Strom auf der anderen. Es ist recht spektakulär, zumal man hierher nur zu Fuß oder mit dem Zug kommt, denn es führt keine Straße hier entlang.

Dann ist es geschafft, wir fahren im Bahnhof von Chur ein und eine aufregende und empfehlenswerte Bahnreise ist zu Ende. Ich gehe zurück zum Parkhaus, organisiere meine Sachen neu und bin ab jetzt wieder mit dem Auto unterwegs. Gleich im Anschluss verlasse ich Chur und fahre zur Lenzerheide hinauf um Richtung Albulatal zu kommen, denn ich möchte unbedingt heute noch das Landwasserviadukt fotografieren.

Auf dem Weg dorthin komme ich durch Zufall an der Fleischtrocknerei Churwalden vorbei und kaufe dort im Fabrikverkauf gleich drei Packungen original Bündnerfleisch. So habe ich auch schon mein Souvenir aus der Schweiz.

Ich erreiche kurze Zeit später das Albulatal und mache mich auf die Suche nach dem Ausgangspunkt, um zum oberen Fotopunkt des Viadukts zu gelangen. Ich finde auch gleich die richtige Straße, und zu meiner Überraschung auch einen Parkplatz. Nachsaison hat schon auch Vorteile. Ich steige den Feldweg hinab und bin erleichtert, dass es sogar ausgeschildert ist. Auf dem Weg dorthin sehe ich schon Züge auf der Strecke fahren und hoffe, dass ich nicht zu lange warten muss bis die Nächsten kommen. Als ich den Fotopunkt erreiche, ist der Blick auf das Landwasserviadukt phantastisch. Während ich auf den Zug warte bricht sogar die Sonne wieder ein wenig durch die Wolken. Und dann ist es soweit: Ich bekomme einen der roten Züge auf dem Viadukt vor die Linse. Yippie! Erst auf dem Weg zum Auto zurück merke ich wie weit ich hinunter gelaufen bin, denn auf dem Rückweg muss ich ziemlich schnaufen.

Ich fahre hinunter ins Tal und nähere mich dem Viadukt von unten. Von hier aus ist es noch beeindruckender als von oben. Die Höhe und die Tatsache, dass dieses Viadukt vor über hundert Jahren direkt an der Felswand mit einem direkten Übergang in einen Tunnel gebaut wurde ist schon sehr speziell und gilt auch heute noch als technische Meisterleistung.

Nachdem ich alle Bilder im Kasten habe mache ich mich auf die Suche nach einer Unterkunft. Ich mache es mir leicht und nehme gleich ein Zimmer hier im Ort Fillisur. Erst am Abend beim leckeren Essen merke ich, wie müde ich bin und verziehe mich danach früh aufs Zimmer und ins Bett.

4. Tag (05. Oktober 2019)

Ich habe ausgeschlafen und gemütlich gefrühstückt, danach meine Sachen wieder zusammengepackt und bin losgefahren. Zuerst nach Bergün, dem Nachbarort, der aber schon ein paar hundert Meter höher liegt. Die Passstraße vor Bergün ist regelrecht an den Berg geklebt worden und windet sich an einer steilen Felswand hoch. Diesen Anstieg überwindet die Bahn über das Landwasserviadukt und durch zwei anschließende Kehrtunnel. In Bergün habe ich dann das Albula-Bahn-Museum besucht und mir angeschaut wie die Strecke gebaut wurde und wie sie sich über das Jahrhundert entwickelt hat.

Interessant war, dass die Strecke aus Wettbewerbsgründen gebaut wurde, weil bereits die Gotthard-Strecke im Westen und die Brenner Bahnstrecke im Osten fertig waren, und die Menschen befürchtet hatten, wirtschaftlich im Transit nach Italien und sogar ins Engadin verdrängt zu werden. Private Geldgeber finanzierten die Bahnstrecke, und zu meiner Überraschung wurden bereits damals zahllose Varianten der Streckenführung erarbeitet und dann auch wieder verworfen, bis die heutige Trasse dabei herausgekommen ist. Der Bau selbst hat dann nur sechs Jahre gedauert, inklusive des fast 6km langen Albulatunnels, dem höchstgelegenen Scheiteltunnel der Alpen. Heute kann man sich das gar nicht mehr vorstellen, dass ein Bauvorhaben dieser Größe in so kurzer Zeit realisiert wird, obwohl wir heute viel mehr und leistungsfähigere Maschinen zur Verfügung haben.

Ebenso interessant zu erfahren war, dass die Albulastrecke als Lastenstrecke mit geringerer Steigung und relativ großen Kurvenradien gebaut wurde, um schwere Lasten transportieren zu können, während im Gegensatz dazu die Berninastrecke als rein touristisch genutzte Ausflugsstrecke geplant und gebaut wurde. Das erklärt warum die Berninastrecke so enge und damit spektakuläre Kurvenradien, so viele Steilstrecken und auch keinen Scheiteltunnel besitzt.

Ich fahre den Albula Pass weiter hinauf und schaue mir die vier Albulaviadukte an, die kurz hintereinander das Tal überspannen. In Preta verschwindet die Bahnstrecke dann im Scheiteltunnel. Hier sieht man auch die großen Anlagen und Maschinen, die zum Neubau des Albulatunnel-II gebraucht werden, der in zwei Jahren in Betrieb gehen soll und den existierenden und maroden Tunnel ersetzen wird, der jedoch später als Rettungsstollen eine neue Funktion erhält.

Von hier steigt die Passstraße noch weiter an bis zu ihrem höchsten Punkt auf 2.315m Höhe. Ich mache dort eine kurze Pause und genieße die Aussicht. Der Wind bläst hier oben schon recht kräftig, und so mache ich mich auf den Weg nach unten. Das Wetter ist deutlich besser als erwartet. Es ist heiter und die Sonne schaut immer mal wieder hinten den Wolken hervor.

Ich erreiche dann St. Moritz mein heutiges Ziel im Engadin, was ich mir anschauen möchte. So stelle ich das Auto ins Parkhaus und begebe mich über lange Rolltreppen ins Dorf hinauf. Es ist natürlich ziemlich ausgestorben, da momentan keine Saison ist. Deshalb sind auch viele Geschäfte dauerhaft geschlossen und werden erst wieder im Dezember öffnen. Aber nichts destotrotz kann man schon auf den ersten Blick erkennen, wie mondän das Dorf doch ist. Sehr viele Luxusgeschäfte reihen sich wie auf einer Perlenschnur aneinander, und in den Schaufenstern werden Preise aufgerufen, die jenseits des alltäglichen sind.

So schlendere ich ziellos durch die Gassen, schaue mich um und treffe durch Zufall auf einen kleinen Wanderweg der den Berg hinaufführt. Diesem folge ich in der Hoffnung auf eine gute Aussicht auf St. Moritz. Es geht die ganze Zeit durch einen lichten Wald, jedoch ohne Aussicht und so steige ich einfach weiter, bis ich schließlich oberhalb von St. Moritz an der Mittelstation der Standseilbahn raus komme. Nun habe ich meinen Ausblick auf das Dorf, den See und die umliegenden Bergen. Ich gehe anschließend die Straße wieder ins Dorf hinunter, währenddessen ich mir die Luxus-Chalets am Wegesrand anschaue.

Unten angekommen fahre ich noch kurz nach St. Moritz-Bad und werfe einen Blick von der anderen Seeseite auf St. Moritz, bevor ich den Maloja Pass hinunter nach Italien fahre. Ich bin auch hier wieder sehr beeindruckt, wie sehr die Straße an die Steilwand gepresst wurde. Es macht echt viel Spaß solche Straßen zu fahren, wenn man Zeit hat. Auf dem Weg ins Tal nach Ciavenna komme ich noch an dem sehenswerten Wasserfall Acquafraggia vorbei. Ich halte kurz und gehe näher heran um mir diesen anzuschauen.

In Ciavenna mache ich einen Stopp um etwas zu esse, und bin sehr überrascht wie hübsch das Städtchen ist, als ich auf der Suche nach einer Pizzeria durchs Zentrum laufe. So habe ich auch dieses Kleinod noch gesehen und fahre dann frisch gestärkt weiter in Richtung meines nächsten Ziels, Zermatt. Ich werde aber heute Abend zuerst noch irgendwo übernachten und erst morgen ins Wallis aufbrechen.

Ich fahre den Splügenpass hinauf und finde, es ist einer der spektakulärsten Pässe im Alpenraum. Die Straße überwindet rund 1.800m und ihre Haarnadelkurven sind so eng, dass es selbst bei vollem Lenkeinschlag nicht zu verhindern ist auf die Gegenfahrbahn zu kommen. Wobei das nicht ganz stimmt, denn die Straße ist so schmal, dass es gar keinen Mittelstreifen gibt. Zudem durchquert man mehrere Tunnel und Galerien, die dicht am Fels kleben. Die einspurigen Streckenabschnitte sind bei wenig Verkehr heute kein Problem und machen viel Spaß. Ich brauche jedoch deutlich mehr Zeit als ich gedacht hatte, und fahre deshalb dann im Anschluss auf der Autobahn und nicht auf der eigentlichen Passstraße den San Bernardino wieder nach Süden hinunter.

Auf der Suche nach einem Hotel steure ich dann wieder die Gotthard-Strecke hinauf, da ich morgen über den Nufenen Pass ins Wallis fahren möchte. Als es bereits dunkel ist werde ich in Lavorgo, auf halben Weg nach Airolo fündig.

5. Tag (06. Oktober 2019)

Wie ich aus dem Internet erfahre ist der Nufenen Pass bereits gesperrt, und auch die Wetteraussichten für die alternative Strecke über Gotthard und Furka sind nicht berauschend, sondern ziemlich schlecht. Deshalb entscheide ich mich dafür, über den Süden ins Wallis zu fahren. Ich fahre also heute Morgen die Gotthard Strecke wieder runter nach Bellinzona. Dort biege ich dann nach Locarno ab, um am Lago Maggiore vorbei durch das Centovalli nach Domodossola zu fahren. Schon das Centovalli ist wunderschön, und als dann noch mittendrin die Wallfahrtskirche Madonna del Sangue auftaucht bin ich von der Größe des Gebäudes sehr überrascht, weil ich solch eine wuchtige Kirche in dieser Gegend nicht erwartet hätte. Ich mache natürlich eine Pause und schaue sie mir an. Am heutigen Sonntagmorgen wird gerade eine Messe gehalten und deshalb halte ich mich nicht sehr lange drinnen auf.

Dann erreiche ich Domodossola und schlendere rund eine Stunde durch die Altstadt mit ihren sehenswerten alten Gebäuden und Gassen. Danach mache ich mich schlussendlich auf den Weg ins Wallis. Es gilt nur noch den Simplon Pass zu überwinden. Es ist eine wunderschöne Strecke, die durch schroffe Felswände führt und am Scheitel sehr schöne Ausblicke beschert. Ich verbringe eine ganze Zeitlang dort, obwohl der Wind eisig weht. Dann geht es wieder hinunter ins Tal um anschließend wieder nach Täsch hoch zu fahren. Hier muss ich das Auto stehen lassen und das letzte Stück mit dem Zug fahren, da Zermatt vollkommen autofrei ist. Mit der Bahn sind es nur wenige Minuten und ich bin angekommen. Ich nehme meinen Rucksack und ziehe den Koffer durch die Straßen zum Hotel.

Es ist zuerst einmal eine Dusche angesagt und Koffer auspacken, da ich drei Nächte hierbleiben werde. Durch das Fenster ist das Matterhorn schon zu erahnen, zieht jedoch immer weiter zu. Laut Wetterbericht soll es aber morgen und übermorgen wieder aufklaren. Also feste Daumen drücken.

Anschließend schlendere ich ein wenig durch das Städtchen um mich umzuschauen und zu orientieren, wenn ich morgen auf die Berge will. Danach gebe ich meinem Hunger nach und gehe was essen.

Zermatt, Chamonix & Pilatus

6. Tag (07. Oktober 2019)

Ich wache auf als es hell wird und schaue gleich aus dem Fenster um zu prüfen ob ich das Matterhorn sehen kann. Und ja! Es ist wolkenlos und der Berg ist klar zu sehen. Ich muss gleich meine Kamera schnappen und auf den Auslöser drücken. Da ich nun eh nicht mehr schlafen kann stehe ich auf und gehe zum Frühstück. Ich nehme einen Tisch mit Blick auf den Berg und kann meinen Blick kaum davonlassen.

Gleich nach dem Frühstück präpariere ich mich fürs Hochgebirge und mache mich auf den Weg zur Gornergratbahn. Die Bahn fährt ich wenigen Minuten ab, und ich kaufe noch schnell ein Ticket, wobei ich die Rückfahrt reduziere, da ich noch eine kleine Wanderung machen möchte.

Der Zug ist nicht ausgebucht und ich bekomme noch einen Platz am Fenster. Es geht auch gleich los und der Ausblick ist von Anfang an sehr beeindruckend, und während der Fahrt ist das Matterhorn die ganze Zeit zu sehen. Der frische Schnee aus der letzten Nacht liegt wie ein Zuckerguss über den Gipfeln. Als die Bahn höher kommt und wir uns oberhalb der Baumgrenze befinden sind die Gipfel klar zu sehen, und bei diesem stahlblauen Himmel eine wahre Pracht. Nach etwas mehr als einer halben Stunde erreicht der Zug den Gornergrat in 3.135m und alle steigen aus.

Gleich neben dem Bahnsteig befindet man sich direkt in der Welt des Hochgebirges und rund um uns herum befinden sich die höchsten, schneebedeckten Gipfel der Schweiz. Von hier aus sollen bis zu 20 Viertausender zu sehen sein. Ich weiß gar nicht, wohin ich zuerst schauen soll. Ich gehe zur Aussichtsplattform hoch und verbleibe einfach dort um zu schauen und komme kaum aus dem Staunen heraus. Gegen Mittag mache ich mich dann doch auf den Weg nach unten. Ich möchte über den Riffelsee zur Riffelberg Station absteigen, von der ich dann mit der Bahn wieder zurück nach Zermatt fahren will. Der Abstieg gestaltet sich ein bisschen schwierig, da der frische Neuschnee recht rutschig ist, obwohl ich Bergstiefel trage. Die meisten Touristen heute kommen aus Asien, und fast alle sind nicht für diese Bergwelt ausgerüstet, vor allem wenn man die Schuhe betrachtet.

Ich komme am Riffelsee vorbei und kann eines der berühmten Bilder schießen, da sich das Matterhorn in der glatten Oberfläche des Sees spiegelt. Anschließend steige ich weiter ab und warte noch zwischendurch auf die Bahn, um an bestimmten Stellen der Strecke einen Zug mit auf das Bild zu bekommen.

Als ich dann an der Riffelberg Station angekommen bin merke ich, dass ich in der Schnelle heute Morgen eine Rückfahrkarte von der Riffelalpe gekauft habe, so dass ich noch weitere 400m absteigen muss, um mit der Bahn zurückfahren zu können. Es macht nichts, es ist noch früher Nachmittag und ich habe auch noch Lust ein bisschen zu laufen. Ab hier bin ich fast alleine auf dem Weg, weil alle anderen wohl heute Morgen, beim Kauf des Tickets besser aufgepasst haben von wo aus sie zurückfahren wollen. Auf dem Abstieg mache ich noch einen Abstecher zum Diensthalt Riffelboden, wo ich mich noch auf die Lauer nach guten Bildern lege.

Dann steige ich endgültig zur Station Riffelalpe ab und erreiche schließlich nach rund 900 Höhenmetern die Station, froh in die Bahn einsteigen zu können. So fahre ich wieder zurück ins Dorf und bin immer noch total beeindruckt von dieser Bergwelt. Mit einem Lächeln im Gesicht laufe ich zurück zum Hotel.

7. Tag (08. Oktober 2019)

Heute Morgen ist der Berg nur zur Hälfte zu sehen, da sich der Gipfel in Wolken hüllt. Deshalb drehe ich mich noch einmal um und gehe dann gemütlich zum Frühstück. Deshalb bin ich bei weiten nicht so früh dran wie gestern. Ich möchte heute mit der Bahn zum Blauherd hochfahren, doch als ich an der Kasse stehe wird mir mitgeteilt, dass ich nur bis zur Sunnegga hochfahren kann, da die Seilbahn ab dort bereits geschlossen sei. So fahre ich eben mit der Standseilbahn, die komplett im Berg verkehrt zur Sunnegga hoch und muss eben für den 5-Seen Weg noch etwas aufsteigen. Das Wetter ist gut, jedoch sind sämtliche umliegenden Gipfel in Wolken gehüllt. Gleich nachdem ich die Standseilbahn verlassen habe komme ich am Leisee vorbei, der für Familien gut ausgebaut ist, da ja auch mit der Bahn leicht erreichbar.

Ich mache mich auf den Weg zum Stellisee, dem schönsten, aber auch höchst gelegenen See. Ich lasse es gemütlich angehen und mache nach der halben Strecke eine längere Pause auf einer Bank von der ich einen schönen Blick ins Tal und die dahinterliegenden Gipfel genießen kann.

Da es noch Vormittag ist steige ich zum Stellisee hinauf. Zu meiner Überraschung sind viele Leute dort, die mich allerdings nicht überholt haben, die aber wohl über eine andere Route gekommen sein müssen, da ich bis dahin so gut wie niemanden getroffen hatte. Die Seeoberfläche wird vom Wind gekräuselt und das Matterhorn hüllt sich immer noch in Wolken, aber es sind blaue Flecke am Himmel zu erkennen. So gebe ich mir noch etwas Zeit und setze mich, um zu warten und die Leute zu beobachten.

Dann plötzlich, kurz nach Mittag reißt es auf und der Gipfel des Matterhorns ist zu sehen, zudem flaut der Wind ab, die Wasseroberfläche beruhigt sich und es ist die Spiegelung der Landschaft im See zu sehen. Wow. Ich schaue mir dies noch eine ganze Weile an und mache natürlich Bilder.

Danach steige ich ab, um zu den anderen Seen zu kommen. Während des Abstiegs sehe noch einige Ziegen am Wegesrand, die auch noch ein Sonnenbad genießen. Dann erreiche ich zuerst den Grindjisee, wo ich mich jedoch nur kurz aufhalte und gleich weiter zum Grünsee hinüber gehe, was ein ganzes Stück ist. Dort mache ich auch Rast, und plötzlich nimmt auch hier der Wind ab und ich erhalte eine perfekte Spiegelung der gegenüberliegenden Berge mit ihren weißen Gipfeln und dem dunkelblauen Himmel in der Seeoberfläche. Ich kann es kaum glauben.

Da es etwas schlecht ausgeschildert ist geht mein Abstieg nicht am Moosjisee vorbei, sondern ich steige wieder zum Grindjisee auf um dann zur Sunnegga absteigen zu können. Als ich dann die Sunnegga erreicht habe verbringe ich zuerst noch einige Zeit auf einer Bank am Leisee und will dann wieder mit der Bahn hinunterfahren. Ich komme jedoch an der Aussichtsterrasse der Sunnegga vorbei und entscheide mich noch spontan für ein Bier mit Aussicht.

Dann nehme ich die Bahn und bin in wenigen Minuten wieder unten im Dorf.

8. Tag (09. Oktober 2019)

Wie erwartet ist das Wetter heute nicht so toll, der Berg ist bereits am Morgen in dicke Wolken gehüllt, und nach dem Frühstück fängt es auch schon zu tropfen an. Ich packe meine Sachen wieder zusammen und checke aus. Mit Sack und Pack gehe ich zum Bahnhof und bin wenig später wieder am Auto zurück. Somit verlasse ich nach zwei phantastischen Tagen Zermatt und das Matterhorn wieder. Was hatte ich nur für ein Glück mit dem Wetter.

Ich habe mir heute einen gemütlichen Tag vorgenommen und fahre deshalb auf der anderen Seite des Rhonetals nach Leukerbad hoch um dort in die Alpen-Therme zu gehen und ein wenig zu entspannen. Als ich mich im Außenbecken auf eine Blubberbank lege ist es schön, von unten die Wärme zu spüren und am Kopf die kühlenden Tropfen des Regens. Die Aussicht ist wolkenverhangen, aber es gibt zwischendurch kurzzeitig mal Sicht auf die umliegenden Berghänge und die unzähligen Wasserfälle, die heute bei dem Regen die Felswände hinunterstürzen.

Ich genieße meine Zeit hier und verbringe den Regentag auf bestmögliche Weise. Als ich die Therme verlasse fahre ich nach Chamonix-Mont-Blanc, weil der Wetterbericht für morgen dort schönes Wetter voraussagt hat und ich mir die Chance nicht entgehen lassen will, einmal auf den höchsten Berg Europas geblickt zu haben.

So steige ich in der Nähe von Chamonix in einem Hotel ab, esse noch etwas und drücke ganz fest die Daumen für schönes Wetter morgen.

9. Tag (10. Oktober 2019)

Als ich aufstehe herrscht noch dichter Nebel, der sich nach dem Frühstück langsam aufzulösen beginnt. Ich fahre nach Chamonix hinein. Der Nebel ist inzwischen verschwunden und gibt den Blick auf den Mont Blanc frei. Ein sehr beeindruckender Eisriese mit seinem Bossons Gletscher, der gefühlt bis fast in den Ort fließt. Ich stelle das Auto auf dem Parkplatz der Seilbahn zum L‘Aiguille du Midi ab und gehe zum Fahrkartenverkauf. Leider erfahre ich, dass momentan die Bahn nicht ganz zur Spitze fährt, sondern nur bis zur Mittelstation, Plan de l’Aiguille. So buche ich ein Ticket in der Hoffnung, dass in einer Stunde die Bahn zum Gipfel doch noch aufgemacht wird. In wenigen Minuten bin ich oben, und kalter Wind schlägt mir ins Gesicht als die Türen aufgehen. Das Wetter ist allerdings top und die Sicht auf den Mont Blanc gut. Ich gehe ein wenig herum und mache Fotos. Dabei steige ich auch ein wenig den Wanderweg hinab, um einen freien Blick ins Tal zu erlangen. Der Ausblick ist wunderbar und die Spitze des L‘Aiguille du Midi ist klar zu sehen, aber leider schwächt sich der Wind auch nach einer Stunde nicht ab, so dass die Seilbahn nicht in Betrieb geht und ich leider nicht bis in 3.814m Höhe gelange. Sehr schade.

So fahre ich wieder ins Tal hinunter und wechsle erst mal die Schuhe, da sich die Sohle an einem meiner Bergstiefel gelöst hat und ich kaum noch mit dem Schuh laufen kann. Dann schnappe ich das Auto und fahre mal spontan auf der anderen Talseite so weit wie möglich den Berg hinauf, um einen besseren Blick auf den Mont Blanc zu bekommen. Ich mache meine Bilder, und da ich hier recht alleine bin ziehe ich meine warmen Klamotten aus und werfe mich in was Legereres. Dann fahre wieder zurück, stelle das Auto wieder auf dem gleichen Parkplatz ab und schlendere im Anschluss durch die Innenstadt auf der Suche nach Fotomotiven. Es ist schon schwer beeindruckend, wie mächtig der Berg über der Stadt thront und an wie vielen Ecken der Stadt er zu sehen ist. Was jedoch kaum zu glauben ist, ist dass dieser Berg bereits 1786 erstbestiegen wurde. Damit wurde also vor fast 250 Jahren hier der heute bekannte Alpinismus gegründet.

Am frühen Nachmittag mache mich wieder auf den Weg in die Schweiz zurück, genauer gesagt nach Olten, wo ich heute übernachten will, weil ich gestern noch spontan beschlossen habe, einen weiteren Tag dran zu hängen und mit der steilsten Zahnradbahn der Welt auf den Pilatus zu fahren. So kann ich von meinem Interrail Ticket auch noch den dritten Tag nutzen. Unterwegs nach Olten besuche ich noch einen Freund, und wir sehen uns mal wieder für zwei Stunden, was sehr schön ist.

10. Tag (11. Oktober 2019)

Ich stehe relativ früh auf, checke nach dem Frühstück aus, packe meinen Koffer ins Auto und gehe zum Bahnhof. Der Bahnhof Olten ist der größte Bahnknoten der Schweiz, und es fahren deshalb von hier Züge in alle Richtungen in der Schweiz. Ich warte auf einen IC von Basel nach Lugano, der mich zur nächsten Station nach Luzern bringen soll. In Luzern steige ich in den Regionalzug nach Giswill um dann in Alpnachstad in die Pilatus-Bahn umzusteigen. Es ist schon schön und angenehm, wenn die Verbindungen pünktlich sind und die Anschlüsse ohne Stress funktionieren.

So steige ich dann recht früh am Morgen in Alpnachstad aus und gehe zum Ticketschalter der Pilatus-Bahn, die keine 10 Minuten später abfährt. Es ist die steilste Zahnradbahn der Welt mit bis zu 48 Prozent Steigung. Bei dieser Steilheit kann man nicht mehr auf ein gewöhnliches Zahnradsystem zurückgreifen, da es nicht mehr zuverlässig funktionieren würde. Deshalb wurde speziell für diese Bahn ein horizontales Zahnradsystem entwickelt, welches bis heute das einzige der Welt ist.

Die Bahn besteht aus einzelnen Triebwagen mit denen bis zu 40 Passagiere befördert werden können. Die Wagen sind durch verschiedene Ebenen abgestuft, wie man es von Wagen einer Standseilbahn kennt. So früh am Tag sind noch nicht so viele Leute unterwegs und deshalb nur zwei Bahnen in Einsatz. In der vor uns fahrenden Bahn eine Gruppe asiatischer Touristen und in unserer Bahn die individuell Reisenden. So habe ich viel Platz, um von einer Seite des Wagens auf die andere zu gehen und aus dem Fenster zu schauen. In rund einer halben Stunde überwindet die Bahn auf etwas mehr als 4,6km rund 1.600 Höhenmeter. Echt verrückt!

Schon auf der Fahrt ergeben sich unzählige Ausblicke, und mit jedem Meter den die Bahn höher steigt werden diese auch besser. Schon alleine dieses Erlebnis war es wert, den Tag noch dranzuhängen. Das obere Ende der Strecke bietet abermals einen Höhepunkt, wenn die Bahn die Eselswand in Tunneln und am steilen Abgrund entlang durchfährt.

Auf dem Gipfel des Pilatus eröffnet sich sogleich der atemberaubende Ausblick vom Hausberg Luzerns. In alle Richtungen ist die Sichtweite enorm. Im Süden erstreckt sich die Alpenkette mit ihren schneebedeckten Gipfeln vom Säntis bis zum Wildstrubel, wobei natürlich das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau in rund 50km Entfernung die Krönung sind. Auf der nördlichen Seite ist natürlich der Vierwaldstädter See und Luzern sehr schön zu sehen, in der Ferne erblickt man den Schweizer Jura bis locker zum Chasseral hinunter und wahrscheinlich sogar bis zum Hoch-Jura ganz im Westen. Den Schwarzwald und die Schwäbische Alb kann man heute auf Grund von Schleierwolken über Süddeutschland leider nicht richtig erkennen.

Jedenfalls ist der Rundumblick vom Pilatus aus unglaublich, und man weiß gar nicht wohin am als Erstes schauen soll.

Nachdem ich mich ausgiebig im Bereich des Pilatus-Kulm Hotels und der Bergstation der Bahn umgeschaut habe, gehe ich auf dem Drachenweg, einem als Galerie ausgeführter Weg, um die Nordflanke herum und komme durch einen Tunnel wieder auf der südlichen Seite zum Hotel zurück. Im Anschluss mache ich mich noch auf den halbstündigen Fußmarsch zum Tomlishorn. Auch auf diesem Weg kommt man kaum aus dem Staunen raus. Es sind viele Alpendohlen zu sehen, die von einigen Touristen gefüttert werden. Zu meiner Überraschung treffe ich wenig später direkt neben dem Weg auch noch auf wilde Steinböcke, die heute mal schauen wollen was die Wanderer so machen. Sie thronen auf einem Felsen neben dem Weg, schauen neugierig auf uns Wanderer herunter und lassen sich auch nicht aus der Ruhe bringen, wenn man sie passiert. Kaum zu glauben, auf welch kurze Distanz man sich zu den Tieren befindet. Ein paar Meter weiter sind noch drei andere Tiere in einer steilen Felswand zu sehen. Ich bleibe eine ganze Weile stehen, um diese Tiere zu beobachten. Dann gehe ich weiter und erreiche das Tomlishorn. Auch hier gibt es eine fantastische Aussicht. Der Blick auf den Alpenhauptkamm erweitert sich nach Westen und reicht heute deutlich über den Wildstrubel hinaus bis ins Wallis hinein, mehr als 100km. Und man erhält eben auch eine tolle Aussicht zurück auf den Pilatus und die dahinterliegende Stadt mit dem Vierwaldstädter See. Es ist unglaublich.

Nach einer weiteren halben Stunde bin ich wieder zurück, habe noch ein wenig Zeit bevor die Bahn, welche ich nehmen will den Gipfel verlässt und haste noch schnell auf den Esel, den zweiten Gipfel des Pilatus hinauf, um auch von dort nochmals runter zu schauen. Dann gehe ich zur Bahn und passiere als einer der letzten das Drehkreuz, was mich noch zur Fahrt berechtigt. Denn, wie ich erst jetzt bemerke, ist es richtig voll geworden und die Bahn ist nun maximal ausgelastet. Aber was soll man schon bei diesem Wetter und der traumhaften Sichtweite anderes erwarten. Es sind nun mal beste Bedingungen um hier oben zu sein.

Ich bin natürlich auch auf der Talfahrt immer noch beeindruckt von der tollen Strecke, die vor über hundert Jahren gebaut wurde. Während der Fahrt merke ich, dass zu dieser Abfahrtszeit mit fünf Bahnen talwärts gefahren wird, und an der Ausweichstelle sehen wir, dass vier vollbesetzte Bahnen bergwärts unterwegs sind. Es ist also sehr viel los und ich bin froh den Massen nun entfliehen zu können.

Unten angekommen nehme ich das Schiff nach Luzern zurück und genieße noch eine entspannte und aussichtsreiche Fahrt über den See, anstatt schnell mit der S-Bahn durch die Tunnel zu fahren. Der Vierwaldstädter See ist herrlich zwischen den Bergen gelegen und bietet mit seinen vielen Armen auch viel Abwechslung. Einfach nur schön.

Zurück in Luzern wollte ich mir eigentlich nochmal die Stadt anschauen, habe es aber bei einem kleinen Rundgang durch die Altstadt belassen und mich anschließend zum Bahnhof aufgemacht, um mit dem nächsten Zug nach Olten zurück zu fahren.

Damit ist meine Schweiz-Rundreise leider zu Ende. Ich hatte viel Glück mit dem Wetter, konnte meine Höhepunkte bei bestem Sonnenschein genießen und steige nun zufrieden ins Auto, um heim zu fahren.

Das wird allerdings noch zu einer gewisse Geduldsprobe, weil sich an diesem Freitagabend an sämtlichen Grenzübergängen nach Deutschland lange Schlangen von kaufwütigen Schweizern bilden. Als ich wieder auf deutscher Seite bin lasse ich die Reise bei einem guten Essen noch ausklingen und mache mich schlussendlich endgültig auf den Heimweg.